Der Disput von Valladolid - zwischen Las Casas and Sepúlveda (1550/51)  

 

Nach den zahlreichen Problemen und Diskussionen bezüglich der "Indioproblematik“, der Ausbeutung und Versklavung der Indios in der Encomienda, in den Bergwerken, auf den Plantagen und ihrer Rechtlosigkeit im praktischen Leben, wurde 1550 ein großangelegter Disput zwischen dem die Rechte der Indios verteidigende Bartolomé de Las Casas und dem Kronjuristen Juan Ginés de Sepúlveda angelegt.

Der Disput von Valladolid fand in zwei Sitzungsperioden vom 15. August bis ca. Ende September 1550, und vom 11. April bis 4. Mai 1551 im Dominikanerkloster San Pablo statt. Ein "richtiges" Streitgespräch war die Disputation von Valladolid nicht, denn die Kontrahenten traten einander vor der Kommission nicht gegenüber (wie es in Literatur und Film teilweise dargestellt wird), sondern trugen ihre Standpunkte einzeln vor. Las Casas schrieb danach drei wichtige Werke: die "Apologie", die "Kurze apologetische Geschichte Indiens" . Beide wurden erst im 20. Jh. publiziert. Außerdem die "Disputation", die Las Casas 1552 in Sevilla veröffentlichte und die am genauesten den Verlauf der Disputation wiedergibt.

In Valladolid stand die Frage nach der "rechten Form" der Konquista in religiöser wie politischer Hinsicht, unabhängig von der grundsätzlichen Frage der Legitimität dieser Vorgehensweise, zur Debatte. Keine der beiden Parteien verneinte, darin waren sie sich einig, die Universalisierung christlicher Religion und abendländischer Zivilisation: der eine um jeden Preis, der andere nur friedlich und nach Zustimmung der Indios. Las Casas ließ allerdings die rein europäische Sicht der Dinge hinter sich zurück, er kannte die Problematik vor Ort. Sepúlveda wusste sehr wohl, dass allein die "Ungläubigkeit", das nicht Christ sein, juristisch und theologisch nicht zu begründen war. Deswegen führt er andere Argumente ein: "Die Sünden wider die Natur und die Barbarei der Indios. Der bloße Unglaube hebt zwar die heidnische Herrschaft nicht auf und legitimiert auch nicht die christliche Gewaltanwendung [. . .], aber die Sünden wider die Natur, schon." (die gern und alle Gewalttaten rechfertigende immer wieder angeführte und übertriebene Anklage der Anthropophagie [Kannibalismus], die Menschenopfer, der Unglaube und der Götzendienst, etc., berechtigten die Europäer, die Indios als Sklaven von Natur aus, wie Aristoteles meinte, zu betrachten. Sepúlveda vertrat die Ansicht, dass "die Indios den Spaniern unterlegen sind, so wie die Kinder den Erwachsenen, die Frauen den Männern, ja man kann sogar sagen, wie die Affen den Menschen".

Die Europäer konnten aber zum Wohle der Indios eingreifen. Sepúlveda sah in der Konquista eine Art von "Schocktherapie". Las Casas dagegen betonte die dringende Notwendigkeit, die Krone müsse die überseeische Expansion und Evangelisierung durch die Ansiedlung spanischer Bauern, Missionare und Kaufleute finanzieren, und zwar über eine besondere Steuer. Das war zum ersten Mal ein ernstzunehmender Vorschlag, die Kosten der Konquista nicht wie bisher auf die Indios, sondern auf die Europäer abzuwälzen. Sepúlveda jedoch hielt dieses Modell für unfinanzierbar.

In der Frage der Legitimität der Konquista kamen die Kommissionsmitglieder zu keinem eindeutigen Urteil. Gerade deshalb reklamierten sowohl Las Casas als auch Sepúlveda den Erfolg für sich. Die Unbestimmtheit des Ergebnisses des Disputes hatte allerdings zur Folge, dass die Diskussionen über "Requerimiento" und "Encomienda" weitergingen. Philipp II. sah in der Encomienda ein Übel, das jedoch angesichts der finanziell angespannten Lage nicht umkehrbar war. Erst 1573, als es nichts mehr zu erobern gab, erklärte er die "Conquistas" für nicht mehr zweckmäßig.

Insgesamt betrachtet muss Karl V. eher wenig Interesse an Amerika gehabt haben. Er scheint von den Problemen Europas, den Konflikten mit Türken und Franzosen, als auch von der Reformation, zu sehr in Anspruch genommen worden zu sein. Sein hauptsächliches Interesse lag wohl eher in der Zuverlässigkeit der Gold- und Silbertransporte aus der Neuen Welt, um seine Politik in Europa überhaupt finanzieren zu können. Trotz der immensen Reichtümer, welcher die Neue Welt beraubt wurde, stand Spanien am Ende von Karls Regierungszeit praktisch vor dem Staatsbankrott.


"Seitenanfang"